Regeneration:
„Drei Tage in die Eistonne“

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Gerade wenn es gegen Ende einer Fußballsaison in die entscheidende Phase geht, sind die Körper der meisten Spieler ausgelaugt und das Thema Regeneration wird immer wichtiger. Was es für Trainer zu beachten gibt und welche Rolle die berühmte Eistonne spielt, erfahrt ihr in unserem Trainingsblog.

Nach einem kräftezehrenden 2:1 gegen Algerien im Achtelfinale der WM 2014, steht ein sichtlich erschöpfter Per Mertesacker vor den Kameras. Es wird eines der denkwürdigeren Interviews des deutschen Abwehrspielers. Neben offenkundigem Unverständnis für die Fragen des ZDF-Reportes kündigt Mertesacker auch an, dass er sich „jetzt erstmal 3-Tage in die Eistonne legen“ werde. Und ja, er meint tatsächlich eine Tonne gefüllt mit Eis. Doch warum sollte er das freiwillig tun?

Der Grund für Mertesacker‘s Ankündigung ist dabei recht einfach. Bei der Eistonne handelt es sich nämlich nicht um eine Mutprobe, sondern eine von vielen Regenerationsmaßnahmen. Die sogenannte Kaltwasserapplikation soll die körpereigenen Regenerationsprozesse unterstützen und dem Spieler zu einer schnellstmöglichen Erholung verhelfen. Also genau das was der Innenverteidiger der deutschen Nationalmannschaft nach einem Achtelfinale über 120 Minuten in der brasilianischen Hitze braucht.

Leistungssteigerung durch Regeneration

Auch wenn den meisten Trainern die Bedeutung von Regeneration bekannt ist, finden angeleitete Übungen nur selten ihren Weg in die Trainingseinheiten. Neben zu geringer Trainingszeit im Amateurbereich, liegt es häufig auch an der fehlenden Kenntnis der Verantwortlichen. Dabei sind Regenerationsphasen elementar für die kurz- und langfristige Leistungsfähigkeit der Mannschaft, da entgegen der eigentlichen Absicht das Training einen Spieler zunächst schwächt und nicht stärkt. Das bekannteste Beispiel für diesen Effekt sind durch hohe Belastungen verursachte Mikroverletzungen der Muskulatur, welche sich am Tag nach der Trainingseinheit in Form des umgangssprachlichen „Muskelkaters“ bemerkbar machen. Die Folgen sind schnell bemerkbar – Verminderte Beweglichkeit und Aktivierung der betroffenen Muskeln, sowie Entzündungsreaktionen an der zerstörten Struktur führen zu geringerer Leistungsfähigkeit in den Tagen nach der Belastung.

Eine anschließende Erholungsphase erlaubt dem Körper Anpassungsprozesse in Gang zu setzen. Diese führen zur Wiederherstellung des bisherigen Leistungsniveaus und sogar darüber hinaus, wodurch der Körper verhindert, dass ihn kommende Belastungen wieder im gleichen Maße schwächen. Dieses im Sport weit verbreitete Modell der Superkompensation erklärt und veranschaulicht den Zusammenhang zwischen Trainingsbelastung und Erholung. Doch ganz so einfach, wie es zunächst klingt, ist es leider nicht.

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Das Modell der Superkompensation kann nämlich nur zum Teil auf alle Funktionen des Körpers angewendet werden. Zusätzlich unterscheidet sich die Anpassungsdauer der verschiedenen Prozesse teils erheblich. Der Körper braucht beispielsweise lediglich 20-30 Minuten, um das gebildete Laktat abzubauen, aber zwischen 6-24 Stunden um den Flüssigkeitshaushalt bei ausreichender Zufuhr wieder aufzufüllen. Enzyme und Hormone, die auf zerstörte Muskelzellen und Entzündungen hinweisen, können sogar noch bis zu 96 Stunden nach der Trainingseinheit nachgewiesen werden. Die Auffüllung der Energiespeicher in der beanspruchten Muskulatur finden über den gleichen Zeitraum statt.

Regeneration im Fußball

Wissenschaftliche Studien zur Regenerationsdauer von Ballsportlern zeigen, dass die körperliche Leistungsfähigkeit der Athleten schon wiederhergestellt ist, bevor die meisten Anpassungsvorgänge beendet sind. Besonders bei Fußball- und Rugbyspielern können noch über einen längeren Zeitraum Entzündungsmarker im Blut festgestellt werden als bei anderen Mannschaftssportlern. Neben der hohen Gesamtspielzeit liegt dies vor allem an den körperlichen Anforderungen im modernen Fußball. Die steigende Häufigkeit von Verletzungen und immer voller werdenden Terminkalendern der Mannschaften untermauern die Wichtigkeit von Regeneration im Fußball noch zusätzlich.

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Aus dem UEFA Verletzungsbericht 2017 geht hervor, dass die internationalen Top-Clubs bis zu 5,5 Spiele pro Monat absolvieren, was eine vollständige Erholung der Spieler zwischen den Begegnungen so gut wie unmöglich macht. Einzig und allein das über Jahre aufgebaute Leistungsniveau und eine direkte medizinische und therapeutische Betreuung erlaubt den Spielern Saison für Saison durchzustehen. Um eine schnelle Erholung nach Belastungen zu ermöglichen, greifen Trainer und Betreuer auf verschiedene aktive und passive Regenerationstechniken zurück. Zu den aktiven Maßnahmen gehören neben Ernährung und psychologischen Entspannungsverfahren natürlich auch Trainingsinhalte wie Auslaufen, Dehnen oder die immer beliebter werdende Selbstmassage mit Schaumstoffrollen. Als passive Regenerationsmaßnahmen sind neben den von Therapeuten durchgeführte Massagen, sowie Wärme- und Kälteanwendungen vor allem das oft unterschätze Schlafen zu nennen. Im besten Fall sollten diese Maßnahmen auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sein, da nicht jeder Sportler gleichermaßen auf diese reagiert. Man unterscheidet hier zwischen Responder und Non-Responder.

Die Wirkungsweise und Anwendungsmöglichkeiten der bekanntesten Regenerationstechniken erklären wir in unserem nächsten Blog.

Euer Team von planet.training

Quellen:
[1] Schurr, S. (2016). Regeneration für Sportler.
[2] Doeven, S. H. (2018). Postmatch recovery of physical performance and biochemical markers in team ball sports: a systematic review.
[3] Ekstrand, J. (2017). Uefa Elite Club Injury Study.
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