Fussballverletzungen: Der hintere Oberschenkel

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Das Bild kommt einem bekannt vor: Ein Spieler sprintet über den Flügel und plötzlich fängt er an zu humpeln, wird immer langsamer und fasst sich an den hinteren Oberschenkel. Die sogenannten „Hamstrings“ ist die am häufigsten verletzte Muskel-Gruppe im Fußball – In unserem Trainingsblog erfährst du warum.

Die Liste der prominenten Spieler mit Verletzungen des hinteren Oberschenkelmuskels ist lang. Von Arjen Robben, über Christiano Ronaldo hin zu Paul Pogba. Die Anzahl der Spieler, die noch nicht von dieser Verletzung betroffen waren, scheint deutlich geringer. Viele aktive und ehemalige Fußballer kennen vermutlich das Gefühl: Man setzt zum Sprint an und plötzlich springt ein stechender Schmerz in den hinteren Oberschenkel. Das Weiterspielen ist sofort undenkbar. Von einer Muskelzerrung zum Muskelfaserriss oder sogar Muskelbündelriss der Hamstring-Muskulatur ist alles möglich. Fest steht, die physiologischen Belastungsgrenzen des Muskels wurden überschritten und dem Spieler stehen einige Tage, wenn nicht sogar Wochen ohne Fußball bevor.

Schaut man auf die wissenschaftlichen Daten von Fußballverletzungen erkennt man einen steigenden Trend der Häufigkeit von Hamstring-Verletzungen über die letzten Jahre [1]. Ein Grund für die gestiegene Anzahl an Hamstring-Verletzungen könnte die zunehmende physische Intensität des modernen Fußballspiels sein [2]. Besonders die Frequenzerhöhung von hoch-intensiven Bewegungen, wie Sprints und explosiven Richtungswechseln können im Verlaufe einer Saison die Belastungstoleranz der Spieler überschreiten.

Die Verletzungsmechanismen

Muskelverletzungen werden in der Regel durch ein direktes oder durch ein indirektes Trauma verursacht. Zu den direkten Muskeltraumata gehören beispielsweise Prellungen, die durch das stumpfe Einwirken einer externen Kraft einhergehen. Ein typisches Beispiel im Fußball ist hier ein Schlag auf den Muskel durch ein gegnerisches Knie, auch als „Eisbein“ bekannt. Indirekte Muskeltraumata umfassen Zug- und Überbelastungen durch Muskelaktivität ohne externe Krafteinwirkung [3]. Eine hohe Anzahl hochintensiver Sprintaktionen gegen Ende eines Fußballspiels, während sich der Spieler bereits im ermüdeten Zustand befindet, ist ein klassisches Beispiel für das Auftreten einer Hamstring-Verletzung.

Im Fußballtraining und -Spiel führt vor allem der indirekte Verletzungsmechanismus zu Zerrungen, Faserrissen oder sogar Bündelrissen der Hamstrings, weswegen dieser Mechanismus besondere Aufmerksamkeit erfordert.Die Verletzungsmechanismen

So kommt es zur Verletzung

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die absolute Mehrheit von Hamstring-Verletzungen im Fußball ohne Fremdeinwirkung verursacht wird. Also beispielsweise während eines Sprints oder beim plötzlichen Richtungswechsel ohne Gegnerkontakt [4]. Die Verletzungen treten meistens bei explosiven Bewegungen auf, da hier hohe Kräfte auf den Muskel wirken. Ein Mechanismus der Muskelverletzungen begünstigt sind sogenannte exzentrische Bewegungen, bei welchen der angespannte Muskel gleichzeitig in eine verlängerte Position gebracht wird [5]. Ein typisches Beispiel für eine exzentrische Kontraktion ist die Bewegung des Quadriceps-Muskels (Kniestrecker) beim Bergabgehen. Hier muss der Muskel den Körper abbremsen und wird durch die Beugebewegung des Knies gleichzeitig verlängert. Ein vergleichbarer Ablauf ist bei Sprints in der hinteren Oberschenkelmuskulatur des Schwungbeins zu beobachten: Kurz bevor der Fuß zum Bodenkontakt aufsetzt, müssen die Hamstrings den vorschwingenden Unterschenkel abbremsen und in Richtung Boden führen – also in einem verlängerten Muskelzustand exzentrisch arbeiten.

"Ermüdungszustände erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Hamstring-Verletzung!"

Die verletzungsanfälligste Bewegungsphase der Hamstrings während einer Sprintaktion scheint also am Ende der Schwungbeinphase zu sein, kurz bevor es zur Standbeinphase übergeht [6]. Untermauert wird dies durch folgende These: Eine weitere verletzungsträchtige Bewegungsphase im Sprint für die Hamstring-Muskulatur ist der Wechsel von einer exzentrischen in eine konzentrische Muskelkontraktionsphase, auch Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus genannt, wie beispielsweise am Ende der Schwungbeinphase. Also dann, wenn die Hamstrings den vorschwingenden Unterschenkel in einem verlängerten Muskelzustand aktiv abbremsen müssen und sich anschließend aktiv verkürzen, um den Fuß Richtung Boden zu führen [7].

Wichtig! Hamstring-Verletzungen werden durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren, wie beispielsweise Ermüdung am Ende der ersten und zweiten Halbzeit oder koordinativen Störungen innerhalb der Muskelgruppe, begünstigt [7]. Trainer, Fitnesstrainer und Physiotherapeuten sollten deshalb besonders auf Ermüdungszustände ihrer Spieler achten und geeignete präventive Trainingsmaßnahmen vor und während der Saison integrieren.

Wie man Verletzungen der Hamstrings vorbeugen kann, erfahrt ihr im nächsten Artikel. Dort stellen wir grundlegende präventive Ansätze vor, die eine Verletzungswahrscheinlichkeit der Hamstrings während eines Fußballspiels reduzieren.

Euer Team von planet.training

Quellen:

[1] Opar, D. A., Williams, M. D. & Shield, A. J. (2012). Hamstring Strain Injuries. Factors that Lead to Injury and Re-Injury.
[2] Ekstrand, J., Hägglund, M. & Walden, M. (2011). Injury incidence and injury patterns in professional football: the UEFA injury study.
[3] Bloch, W. (2014). Physiologische Muskelheilung und Störfaktoren. In H.-W. Müller-Wohlfahrt, P. Ueblacker & L. Hänsel (Hrsg.), Muskelverletzungen im Sport (S. 126-148).
[4] Woods, C., Hawkins, R. D., Maltby, S., Hulse, M., Thomas, A. & Hodson, A. (2004). The Football Association Medical Research Programme: an audit of injuries in professional football – analysis of hamstring injuries.
[5] Proske, U., Morgan, D. L., Brockett, C. L. & Percival, P. (2004). Identifying athletes at risk of hamstring strains and how to protect them.
[6] Chumanov, E., Heiderscheit, B. C. & Thelen, D. G. (2011). Hamstring Musculotendon Dynamics during Stance and Swing Phases of High Speed Running.
[7] Niedermeyer, D. (2017). Verletzungsmechanismen der ischiocruralen Muskulatur beim Fußballspiel und die Möglichkeiten der Prävention. Bachelors-Thesis, Technische Universität München.
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