MISSERFOLG IM FUSSBALL – WAS TUN?
Es kommt die Zeit in der die Leistung der Mannschaft einfach im Keller ist. Eine solche Phase in der Saison hat vermutlich jeder Fußballtrainer schon einmal durchgemacht. Die vielen Niederlagen wirken sich besonders negativ auf Motivation und Zusammenhalt des Teams aus. Doch auch diese Situation kann ein Trainer überwinden. Wir erklären euch wie!
Misserfolg kann jede Mannschaft betreffen
Am 20.Dezember 2014 schließt Borussia Dortmund die Hinrunde der Bundesliga mit einer weiteren Niederlage gegen den SV Werder Bremen ab und festigt ihre Position im Keller der Liga auf dem vorletzten Tabellenplatz. Es ist die schlechteste Hinrunde des BVBs seit mehr als einem Vierteljahrhundert! 10 Niederlagen in 17 Spielen, die Meisten von allen Mannschaften in der Hinrunde 2014/2015. Dieses Beispiel zeigt, dass Misserfolg jedes Team und jeden Sportler betrifft. Trainer stehen immer wieder vor Situationen von anhaltendem Misserfolg, obwohl gewissenhaft vorbereitet und trainiert wurde. Häufig glauben Trainer und Spieler dann an eine so genannte „Negativ-Serie“, welcher man machtlos gegenüber zu stehen scheint. Allerdings haben vorherige Niederlagen, zum Großteil nur einen psychischen Einfluss auf die kommenden Aufgaben. Der Grund für anhaltenden Misserfolg ist deshalb eher im Umgang mit eben diesem Phänomen bedingt. Dieser Artikel soll euch als Trainer dafür sensibilisieren.
Phasen der Verarbeitung von Niederlagen
Es ist besonders nach Niederlagen wichtig, euer Team gut zu kennen. Denn nicht jeder Spieler reagiert gleich. Je nach Persönlichkeit des jeweiligen Athleten werden die einzelnen Phasen der emotionalen Verarbeitung von Misserfolgen, wie –Ablehnung, Isolation, Wut und die darauffolgende Akzeptanz – unterschiedlich schnell oder langsam durchlaufen. Während manche Spieler eine Niederlage schnell als Motivation für ein härteres Training sehen, benötigen Andere länger zum durchlaufen der einzelnen Phasen.
Eine Gefahr bei der emotionalen Verarbeitung bilden sogenannte „Sticking Points“, also ein “Steckenbleiben” an einem Punkt oder ein erneutes Zurückkehren zu diesem Punkt. Besonders kritisch werden gemeinsame „Sticking Points“ bei Verarbeitungsprozessen in Teams. Ein Beispiel hierfür kann ein über Jahre scheinbar unschlagbarer Gegner sein. In der Vorbereitung auf diesen Gegner wird nicht selten eine „Die schlagen wir nie“-Einstellung beobachtet. Hierbei wird von einer „erlernten Hilflosigkeit“ gesprochen, bei der die Beteiligten ihr Verhalten durch wiederkehrende Misserfolge auf bestimmte Muster einengen. Die Folge ist eine chronisch geschwächte Leistung.
Was tun bei Misserfolg im Fußball?
Besonders für junge Athleten sind aber gerade Niederlagen ein wichtiger Teil des Reifeprozesses. Geben uns Misserfolge doch meist die besten Lehreinheiten und zeigen wo wir uns noch verbessern können. Niederlagen sollten gerade deshalb als Herausforderung gesehen werden. Genau diese Einstellung unterstützt das Neubewerten scheinbar wiederkehrender Situationen und verhindert somit, dass Athleten oder Teams in alte Muster zurückfallen. Hier sollte der wichtigste Ansatzpunkt eines Trainers liegen. Jede Niederlage muss als Möglichkeit gesehen werden, etwas zu verbessern. Das Tabuisieren von Misserfolg ist absolut zu vermeiden, da hiermit zusätzlicher negativer Druck aufgebaut wird. Tatsächlich ist es sogar förderlich Gespräche im Team anzuregen. „Benenne das Problem – sollte die Devise lauten, denn das Erkennen der Ursachen der gegenwärtigen unerfreulichen Situation bietet die bestmögliche Aussicht für konstruktive Maßnahmen.“ schreibt Prof. Dr. Sigurd Baumann in seinem Buch „Mannschaftspsychologie“ zu diesem Thema.
"You never lose! You either win or you learn!"
Eine Gemeinsame Aufarbeitung und Akzeptanz von Fehlern ist also der erste Schritt, als Reaktion auf Misserfolge. Niederlagen gelten als wichtiger Teil der Entwicklung. Nach den gemeinsamen Gesprächen sollten nun Handlungen folgen. Wenn nötig erfolgt eine Neubewertung der gemeinsamen und auch individuellen Ziele. Unrealistische Zielsetzungen vom Saisonbeginn erzeugen einen zu hohen Erwartungsdruck wenn sie bereits zum Ende der Hinrunde völlig außer Reichweite sind. Das Beispiel Borussia Dortmund zeigt diese Neubewertung der Zielsetzung. Während zu Beginn der Saison 2014/15 das ausgeschriebene Ziel „Deutsche Meisterschaft“ lautete, wurde nach der erfolglosen Hinrunde der Klassenerhalt als oberstes Ziel verkündet. Besonders wichtig ist die Formulierung der Ziele! Handlungsziele: „Wir wollen den Klassenerhalt sichern“ anstatt Vermeidungsziele: „Wir wollen nicht absteigen!“. Der Grund für das Benennen positiver Ziele ist simpel. Das Gehirn kann im ersten Moment wenig mit „Nicht-Botschaften“ anfangen. Das lässt sich an folgendem Beispiel verdeutlichen. „Denken Sie nicht an einen rosa Elefanten!“. Der erste Gedanke ist natürlich ein rosa Elefant, da dem Gehirn keine Handlungsoption zur „Nicht-Botschaft“ gegeben wird. Dieses einfache Prinzip, der positiven Formulierung sollte im Übrigen auch Einzug in das tägliche Training und in konkrete Spielanweisungen erhalten!
Insgesamt ist in schwierigen Zeiten ein positives Umfeld und eine gute Trainingsstimmung essentiell für den erwünschten Umschwung. Spaß und Freude sollte das oberste Ziel in eurem Training sein. Kleine Wettbewerbe und Spiele sind schließlich die einfachste Form Motivation und Laune im Team zu fördern, egal in welchem Alter. Dementsprechend sollten schlechte Leistungen nicht umgehend bestraft werden, sondern viel eher die Grundlage für Verbesserungsansätze darstellen. Die Bestrafung von Misserfolg verstärkt unter Umständen lediglich die Angst vor dem Versagen, was wiederum zu einem unfreien und verkrampften Spiel führt. Auch alte Trainingsmuster dürfen überdacht, aber nicht von einem auf den anderen Tag komplett über den Haufen geworfen werden. Zu oft wird infolge von Misserfolgen krampfhaft versucht alles zu verändern, was in den meisten Fällen allerdings nicht nötig ist und im schlimmsten Fall zu noch größere Verunsicherung bei Spielern und Trainern führt.
Zusammenfassend sind folgende fünf Schlüsselpunkte entscheidend für den erfolgreichen Umgang mit Misserfolg:
Gemeinsame Aufarbeitung von Misserfolg
Niederlagen als Teil des Entwicklungsprozess begreifen
Realistische Ziele: Wenn nötig neu bewerten und neu formulieren
Ziel- und Handlungsvorstellungen immer positiv formulieren
Positive Stimmung im Training und Umfeld schaffen: Spaß haben!
Fabian von planet.training