KOORDINATIONSTRAINING IM FUSSBALL

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Übungen mit Hütchen, Slalomstangen und Koordinationsleitern – Das bedeutet Koordinationstraining für viele Trainer. Hinter diesem Begriff steckt jedoch viel mehr als nur die Koordination der Beine und Füße. Insgesamt sind 7 Komponenten Teil der Koordinationsfähigkeit, die im fußballspezifischen Kontext eine wichtige Rolle spielen und die Art und Weise, wie ihr eure Mannschaften trainiert, beeinflussen sollten.

Was macht eine gute Koordination aus?

Man hat Szenen wie diese schon so oft gesehen. Messi bekommt den Ball und fängt an zu dribbeln. Hier eine Finte, dort eine schnelle Körpertäuschung um den heranstürmenden Verteidigern auszuweichen. Vier Gegenspieler später auch noch ein unglaublicher Pass in den Lauf seines Mitspielers. Fußballer wie Lionel Messi schaffen es mit solchen Aktionen Spiel für Spiel entscheidend zu glänzen. Neben den wenig aussagekräftigen Faktoren wie Talent und Instinkt ist eine solche Leistung zum Großteil Produkt herausragender koordinativer Fähigkeiten, die über Jahre trainiert wurden. Das große Wort Koordinationstraining ist mit Sicherheit jedem Trainer ein Begriff. Doch aus welchen Komponenten besteht Koordination und welche Relevanz hat sie im Fußball?

Zuerst ist es wichtig zu verstehen, wie umfangreich der Begriff Koordination eigentlich ist. Nach den Wissenschaftlern Meinel und Schnabel besteht dieser aus folgenden 7 Komponenten:

  • Gleichgewichtsfähigkeit


  • Orientierungsfähigkeit


  • Differenzierungsfähigkeit


  • Reaktionsfähigkeit


  • Rhythmisierungsfähigkeit


  • Umstellungsfähigkeit


  • Kopplungsfähigkeit


Die Schulung dieser Fähigkeiten hat jeweils unterschiedliche Auswirkungen auf die Ausführung bestehender Bewegungsabläufe. Ein Spieler muss beispielsweise während eines Dribblings viele verschiedene Begebenheiten wahrnehmen, um eine Spielsituation bestmöglich lösen zu können. Die optische Wahrnehmung zur Lokalisierung von Gegenspielern ist dabei genauso wichtig wie die akustische Wahrnehmung, um Zurufe von Mitspielern verarbeiten zu können. Ebenso muss der Spieler fühlen, wie sich der Ball auf dem Rasen verhält, wie viel Zeit vorhanden ist um seine Aktion auszuführen und etliche weitere Reize verarbeiten.

Die Grundlage zum optimalen Umgang mit komplexen Bewegungsaufgaben wird oft schon in der frühen Kindheit gelegt. Denkt man an das simple Fangen spielen, können zum Beispiel einige Parallelen zum Dribbling durch eine Verteidigerreihe gezogen werden. Tatsächlich ist es gerade in koordinativ anspruchsvollen Sportarten von großer Bedeutung, in welchem Alter Kinder ihre sportliche Aktivität beginnen. Meinel und Schnabel belegen mit mehreren Studien, dass das Alter von 10-13 Jahren „das beste motorische Lernalter der Kindheit“ ist. Im Gegensatz zur allgemeinen Körpergröße sind nämlich Kopf und Gehirn in diesem Alter schon sehr weit entwickelt. Weiterhin haben Faktoren wie Motivation, konditionelle Fähigkeiten, die Beweglichkeit und das zentrale Nervensystem einen großen Einfluss auf die Ausbildung der koordinativen Fähigkeiten. Oft stellt man fest, dass kleinere Spieler koordinative Aufgaben eleganter und besser lösen als großgewachsene Mitspieler. Dennoch kann durch gezieltes Training jede der Komponenten koordinativer Fähigkeiten deutlich verbessert werden.

Koordinationstraining im Fußball

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Eine dieser Komponenten ist die Differenzierungsfähigkeit. Sie beschreibt die Feinabstimmung aller Bewegungen. Mit wie viel Kraft ist der Ball zu schießen, in welchem Winkel muss ich meinen Fuß stellen, damit der Pass ankommt und wie stark rollt der Ball auf dem Rasen. Bei all diesen Fragen ist Differenzierungsfähigkeit gefragt. Ebenso gehören alle Lauf- und Sprungformen sowie alle Balltechniken zu diesem Bereich. Zur Verbesserung dieser Fähigkeiten können verschiedene Ballgrößen- und -formen in jeglichen ballbezogenen Übungen verwendet werden. Die Spieler werden so gezwungen den Ball besser einzuschätzen zu lernen und dementsprechend den erforderlichen Kraftimpuls anzupassen. Schussübungen mit verschiedenen Techniken oder Zielen haben einen ähnlichen Effekt. Eine weitere Möglichkeit ist es, für unterschiedliche Untergrundbeschaffenheiten, wie einem nassen Rasen oder ein unebener Boden, zu sorgen.

Eine gute Reaktionsfähigkeit beschreibt die Fähigkeit, eine bestimmte Situation wahrzunehmen und sie dann schnell und situationsgerecht zu lösen. Diese ist im Fußballspiel bei so gut wie jeder gegnerischen Aktion, besonders aus der Sicht des Torwarts, gefragt. Jegliche Wettkampfformen, bei der Spieler auf optische, akustische oder taktile Reize reagieren müssen, sind als Trainingsmethode geeignet. Im fortgeschrittenen Bereich sind Kombinationen verschiedener Reize möglich. Je komplexer der Reiz ist, desto mehr werden Spieler gefordert und gefördert unter Druck richtig zu reagieren.

Eine weitere Komponente ist die Umstellungsfähigkeit. Hierbei geht es um das schnelle Umschalten bei plötzlicher Änderung der Bewegungsanforderung. Beispielsweise ist das der Fall bei einer 1 gegen 1 Situation, einer Torschussfinte oder aber auch einem Ballverlust, bei dem das angreifende Team plötzlich zur verteidigenden Mannschaft wird. Jürgen Klopp bewies mit Borussia Dortmund in den letzten Jahren wie wichtig eine gut ausgebildete Umstellungsfähigkeit sein kann, indem das Gegenpressing zeitweise perfektioniert wurde. Im Training kann dies beispielsweise durch Spielformen mit wechselnden Angriffs- und Abwehraufgaben, aber auch mit mehreren Toren pro Mannschaft geübt werden. Noch komplexer wird es, wenn diese Aufgaben oder die Zuweisung der jeweiligen Tore durch optische oder akustische Signale variabel gehalten werden. Ebenso kann ein stetiger Wechsel der Ballkontaktanzahl diese Aufgaben zusätzlich erschweren. Alle diese Übungen beziehen auch die Orientierungsfähigkeit als weitere Komponente mit ein.

"In der Praxis werden die Komponenten der koordinativen Fähigkeit so gut wie nie einzeln trainiert. Oft handelt es sich um Kombinationen aus verschiedenen Aspekten"

Die Kopplungsfähigkeit umfasst die reibungslose Verbindung von erlernten Bewegungsmustern, beispielsweise bei Drehungen um die eigene Achse oder einem Dribbling mit darauffolgender Flanke. Bei der Rhythmusfähigkeit geht es im Gegensatz eher um das Timing und den Fluß der Bewegungen. Wegen der engen Verbindung der beiden Komponenten ist es in der Praxis fast unmöglich, diese unabhängig voneinander zu trainieren. Übungen dieser beiden Bereiche werden vermutlich am häufigsten mit klassischem Koordinationstraining in Verbindung gebracht. Koordinationsleitern, Hütchen, Slalomstangen und eine anschließende Kombination mehrerer Übungsformen mit Ball sind hier unerlässlich.

Als letzte Facette des Koordinationstrainings bleibt nun die Gleichgewichtsfähigkeit. Im Prinzip ist sie die Grundlage aller Bewegungen auf dem Spielfeld. Die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichts findet in vielen Spielsituationen wie Zweikämpfen, Sprüngen zum Kopfball und Laufduellen statt. Von besonderer Bedeutung ist diese Fähigkeit auch bei verschieden Wettereinflüssen. Übungen mit wechselndem Untergrund, beispielsweise einem Wackelbrett, Balanceboard oder auch einer Weichbodenmatte, sind ähnlich effektiv wie die Beschaffenheit des Trainingsplatzes durch Wasser zu verändern. Ein Stabilisationstraining zielt auf der anderen Seite der Kräftigung der tiefen Muskulatur ab.

Wann sollte das Koordinationstraining stattfinden?

Zu beachten ist beim Koordinationstraining ein entscheidender Faktor. In der Praxis werden die Komponenten der koordinativen Fähigkeit so gut wie nie einzeln trainiert. Oft handelt es sich um Kombinationen aus verschiedenen Aspekten. Sowohl Bewegungsausführungen als auch die Übungsbedingungen werden ständig variiert und so neue Reize geschaffen, die dementsprechend neue Anpassungseffekte auslösen. Die Übungen sollten fordern, jedoch nicht überfordern. Die didaktische Methode „vom Einfachen zum Komplexen“ ist gerade hier ein hilfreicher Tipp für Trainer. Des Weiteren sollte Koordinationstraining ganzjährig ins Training eingebunden werden. Es sollte also, sowohl in der Vorbereitungs- als auch in der Wettkampfphase als komplementärer Teil zum Konditionstraining, in eure Einheiten integriert werden.

Ein abschließender Tipp darf nicht außer Acht gelassen werden!

In vielen Lehrbüchern wird geschrieben, dass es entscheidend ist, Koordinationsübungen immer vor konditionellen Schwerpunkten und nicht im ermüdeten Zustand durchzuführen, da es hier um motorisches Lernen geht. Werden in diesem Zusammenhang Bewegungen nicht mehr korrekt ausgeführt, können infolgedessen falsche Bewegungsmuster gespeichert werden. Diese würden sich negativ auf eine Leistungssteigerung auswirken. Dies ist an sich natürlich richtig, bezieht sich aber viel mehr auf das Erlernen neuer, noch unbeherrschter Bewegungen. Gerade aber in Spielsportarten ist es für die Spieler wichtig, dass sie auch in der 87. Spielminute noch koordinativ anspruchsvolle Bewegungsaufgaben lösen können. Gerade deshalb ist es ratsam Koordinationsübungen hin und wieder auch gegen Ende der Trainingseinheit einzuplanen.

Zusammenfassend haben wir nun alle wichtigen Elemente der konditionellen Fähigkeiten abgehandelt und euch hoffentlich wertvolle Tipps geben können. Natürlich sind solche Themen eine Wissenschaft für sich und können immer mehr vertieft werden. Allerdings ist es für einen Amateurtrainer vorerst wichtig, ein grundlegendes Verständnis über die verschiedenen Aspekte der Fähigkeiten zu erfahren, um mit diesem Hintergrund ein “rundes” Training zu planen.

Übungsbeispiel: Koordinationsübung im Fußball

Ab zum Training. Wir haben euch eine schöne Übung rausgesucht, die in zwei Stationen verschiedene Komponenten der Koordination vereint. Eine Variation die wir vorschlagen, ist die Benutzung verschiedenere Bälle und eventuell von teilweise nassem Rassen beim zweiten Set:“Kognitives Passspiel – Ballmaschine“.

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Ebenso haben wir euch eine kleine Übungssammlung zur Verbesserung des Umschaltspiels erstellt. Wenn ihr Lust auf noch mehr Koordinationsübungen habt, besucht doch mal unsere Datenbank für weitere Übungen!

Viel Spaß,

Euer Team planet.training

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