Der Innenverteidiger als Spielmacher

website image

Groß, kräftig und zweikampfstark – So würden die meisten Trainer einen idealen Innenverteidiger beschreiben. Auch wenn sich diese Ansprüche an die Position über die Jahre kaum verändert haben, sind im modernen Fußball viele Anforderungen hinzugekommen. Welche das sind, erfahrt ihr im dritten Teil unserer Blogserie „Belastungsprofil eines Fußballspielers“.

Schaut man auf die Innenverteidiger der europäischen Topligen fallen zwei Dinge sofort auf. Zum einen sind die meisten Spieler auf dieser Position groß gewachsen, meist um die 1.90m, was ihnen hilft hohe Bälle und Zweikämpfe im Strafraum zu gewinnen. Zum anderen handelt es sich bei diesen Spielern häufig um die bekanntesten der jeweiligen Teams. Innenverteidiger, das sind die Leader einer Mannschaft. Sie kontrollieren die eigene Verteidigung und im besten Fall den Gegner gleich mit. Sie sind im modernen Fußball auch während den eigenen Angriffsbemühungen ständig anspielbar und bestimmen maßgeblich den Spielaufbau ihrer Mannschaft. Gerade nach Rückpässen sind es die Innenverteidiger, die entscheiden, ob das Spiel schnell oder langsam gemacht wird.

Die wissenschaftlichen Fakten

Ähnlich wie für den modernen Außenverteidiger, hat sich die Entwicklung des Fußballs über die letzten Jahre auch auf die Spielanforderungen für seinen Positionsnachbarn drastisch ausgewirkt. Rio Ferdinand, Kolo Touré und Nemanja Vidic sind nur drei der Innenverteidiger, die von 2006/07 bis 2012/13 in der Premier League aktiv waren und den wissenschaftlich dokumentierten Wandel der konditionellen und taktischen Anforderungen hautnah miterlebten. Eine Erhöhung von 33% der Strecke im hoch-intensiven Tempo und eine Steigerung der Sprintdistanz von 53% zeigen, dass sich auch das Spiel des Innenverteidigers während dieses Zeitraums an den modernen Fußball angepasst hat. Die im Vergleich zu anderen Positionen relativ geringe Sprintdistanz (schneller als 25,1 km/h) von ca. 197m pro Spiel, zeigt eine weitere wichtige Eigenschaft des Innenverteidigers. Während Außenverteidiger auf der Außenbahn über lange Distanzen ihre Geschwindigkeit halten müssen, treffen Innenverteidiger meist erst in Nähe des Strafraums auf agile, wendige Stürmer und müssen bei schnellen Bewegungen mithalten können. Agilität und Schnelligkeit über kurze Distanzen ist für diese Position deshalb besonders wichtig.

website image

Neben der gestiegenen Laufdistanz ist es vor allem die im Vergleich zu anderen Positionen größte Zunahme bei den gespielten Pässen von 66% die beweist, dass sich der Innenverteidiger vom hintersten Mann der Abwehr zum wahren Spielmacher entwickelt hat. Gerade unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich die Anzahl der Tacklings in dieser Zeit nicht veränderte, begründen auch die Wissenschaftler den gleichzeitigen Anstieg von Pässen und Laufleistungen mit einem offensiv engagierteren Innenverteidiger. Der zunehmende Fokus auf Ballbesitz und dem damit verbundenen Aufbauspiel bilden die Grundlage für den Wandel der Positionsaufgaben. Auch wenn der Innenverteidiger bei allen untersuchten Spielsystemen grundsätzlich die geringste Gesamtdistanz pro Spiel zurücklegt, fällt auf, dass auch er, wie schon der Außenverteidiger, im modernen 3-5-2 seine beste Laufleistung zeigte. Moderner Fußball bedeutet also auch für den Innenverteidiger: Mehr laufen, mehr Offensivfußball!

website image

Positionsspezifisches Training

Die Daten zeigen: Auch der Innenverteidiger muss zu einem kompletten Spieler ausgebildet werden. Die Zunahme von Läufen mit hoch-intensiven Geschwindigkeiten und wachsenden Offensivaufgaben, verlangen Innenverteidigern nicht nur ein ausgeprägtes konditionelles Leistungsniveau ab, sondern erfordern auch exzellente technische Fähigkeiten. Gerade ballbesitzorientierte Teams sollten daher Wert auf einen physisch starken Verteidiger mit herausragenden Passqualitäten legen.

Ein Beispiel, wie die konditionellen und technischen Fähigkeiten des Innenverteidigers trainiert werden können, ist die folgende Übung. Hier wird im kleinen Feld ein 2 gegen 2 mit Abseitsregel gespielt. Die Innenverteidiger versuchen die Angreifer am erfolgreichen Kombinationsspiel zu hindern. Gelangen die Verteidiger in Ballbesitz, soll mit weniger als drei Ballkontakten der Ball in einem der beiden Mini-Tore untergebracht werden.

website image

Neben einem guten Positionsspiel sollen die Innenverteidiger lernen, nach dem Ballgewinn das Aufbauspiel zu übernehmen und wie in diesem Beispiel, auf die Flügel zu verlagern. Um besonders die Defensivarbeit noch spielnäher zu trainieren, können verschiedene Variationen eingebaut werden. Beispielsweise so, dass der erste Pass aus dem Mittelfeld gespielt wird und die Angreifer somit die Verteidiger im Rücken haben.

website image

Als weitere Variation kann nun mit einigen Zwischenschritten die Übung nach und nach zum 6 gegen 5+1 geführt werden.

website image

In einem solchen Übungsaufbau wird nicht nur das erfolgreiche Verschieben in der Viererkette, sonder durch die drei Mini-Tore an der Mittellinie auch das schnelle und kontrollierte Umschaltspiel nach Ballgewinn trainiert. Der Ball wird überlegt in eins der Tore gespielt und gleichzeitig rückt die Viererkette auf Kommando der Innenverteidiger heraus.

Euer Team von planet.training

Quellen:

[1] Tierney, P. J. et al (2016). Match play demands of 11 versus 11 professional football using Global Positioning System tracking: Variations across common playing formations
[2] Bush, M et al (2015). Evolution of match performance parameters for various playing positions in the English Premier League.
[3] Bradley, P. S. et al (2013). Match performance and physical capacity of players in the top three competitive standards of English professional soccer.
[4] Bradley, P. S. et al (2009). High-intensity running in English FA Premier League soccer matches.
[5] Bradley, P. S. et al (2010). High-Intensity Activity Profiles of Elite Soccer Players at Different Performance Levels.
[6] Di Salvo, V. et al (2007). Performance Characteristics According to Playing Position in Elite Soccer.
[7] Dellal, A. et al (2010). Physical and technical activity of soccer players in the French First League - with special reference to their playing position.
bg image //a.storyblok.com/f/73553/1920x960/7a90109df8/cta-registration-background.jpg

Start now with your premium membership

Register now

ELEVATE YOUR GAME