Der Allrounder im zentralen Mittelfeld

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Ob 6er, 8er oder 10er - Zentrale Mittelfeldspieler müssen vielseitig sein. Neben hervorragenden taktischen und technischen Fähigkeiten erfordert die Vielseitigkeit dieser Position auch eine enorme physische Leistungsfähigkeit. Im vierten Teil unserer Blogserie „Belastungsprofil eines Fußballers“ erklären wir euch, wodurch sich Spieler auf dieser Position auszeichnen.

Sucht man nach den besten zentralen Mittelfeldspielern der Welt kommt man zurzeit kaum an Kevin de Bruyne vorbei. Die Nummer 17 von Manchester City spielt eine Saison auf Weltklasse-Niveau und zeigt, warum gerade die zentralen Mittelfeldspieler als Allrounder gelten. Nach 32 Spieltagen in der laufenden Premier League Saison weist De Bruyne die drittmeisten Pässe, zweithäufigsten Ballkontakte und die meisten Zweikämpfe seiner Mannschaft auf. Sein Spiel zeigt ein höchstes Maß an Kreativität, Dynamik und vor allem Effektivität, was ihn auf beiden Seiten des Balls zu einem wertvollen Spieler macht. Neben individueller Klasse hängen diese Werte aber auch mit seiner Position zusammen.

Zentrale Mittelfeldspieler sind die Verbindung zwischen Abwehr und Angriff. Sie stärken die Mannschaft wortwörtlich im Kern und zeichnen sich fast immer durch ständige Anspielbarkeit aus. Neben einer Reihe von Defensivaufgaben kontrollieren sie zusätzlich den offensiven Spielaufbau, nachdem der Ball aus den Abwehrreihen entgegengenommen wird. Besonders die modernen 6er geben dem eigenen Spiel die nötige Struktur und spielen eine tragende Rolle in der Umsetzung der taktischen Ausrichtung. Die hohe Bedeutung der Position führt, im schnellen Fußball der letzten Jahre, zu Änderungen der spezifischen Aufgaben. Während früher klar zwischen 6er, 8er und 10er unterschieden wurde, scheinen heutzutage die Positionen im zentralen Mittelfeld ineinander überzugehen. Ein 6er kann in modernen Systemen ganz unterschiedlich ausgerichtet sein und mal mehr als offensiver, defensiver oder wie ein Toni Kroos als „Zwischenspieler“ fungieren.

Die wissenschaftlichen Fakten

Die gewonnene Variabilität der Positionen hat auch Auswirkungen auf das Anforderungsprofil der Spieler. Der moderne zentrale Mittelfeldspieler zeichnet sich auf physischer Ebene besonders durch eine hohe Laufleistung und explosive Antritte aus. Die zentrale Rolle im Kombinationsspiel spiegelt sich durch eine Vielzahl an gespielten Pässen wieder, was ihn zum Taktgeber seiner Mannschaft macht. Dass dieser Wandel nicht nur subjektiv stattfindet, sondern auch durch Zahlen zu belegen ist, zeigen verschiedene Studien. Im Verlauf von sieben Premier League Spielzeiten stieg für diese Position die Anzahl der explosiven Antritte von durchschnittlich 11 auf 29 pro Spiel. Auch die Laufleistung im hoch-intensiven Bereich steigerte sich bei zentralen Mittelfeldspielern um 34% und kommt mit ca. 783m pro Spiel auf den zweithöchsten Leistungswert aller Positionen. Neben der gesteigerten Laufleistung zeigen vor allem die Passwerte einen beeindruckenden Anstieg. In der Saison 2012/13 spielten zentrale Mittelfeldspieler bis zu 4-mal häufiger kurze Pässe (<10m) und bis zu 10-mal mehr Pässe über eine Distanz von 11-24m als noch in der Saison 2006/07. Gleichzeitig nahm die Erfolgsquote von Pässen um 7% zu. Die Zahlen zeigen auf eindrucksvolle Weise die zunehmende Bedeutung von Ballbesitz und dem damit verbundenen qualitativ hochwertigen Passspiel im modernen Fußball.

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Gerade in Anbetracht der gespielten Formationen wird deutlich, dass moderne Spielphilosophien sich auf das läuferische Belastungsprofil der Mittelfeldspieler auswirken. Während im klassischen 4-4-2, mit Raute, die Aufgaben zwischen offensivem und defensivem Mittelfeldspieler klar verteilt sind, vermischen sich diese in modernen Spielphilosophien, besonders solchen mit einer Doppel-6, deutlich mehr. Die Spieler stimmen sich hier situativ ab, was zur Folge hat, dass in einzelnen Spielszenen größere Distanzen überbrückt werden. Studien zeigen, dass zentrale Mittelfeldspieler in einem 4-3-3, 3-5-2 und 3-4-3 ganze 8% mehr Laufen als in einem 4-4-2. Wie auch schon für den modernen Außenverteidiger und den spielmachenden Innenverteidiger, verlangt ein 3-5-2 auch dem Mittelfeldspieler am meisten ab.

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Positionsspezifisches Training

Die Daten zeigen, dass sich zentrale Mittelfeldspieler besonders auf technischer und taktischer Ebene durch eine hohe Passqualität auszeichnen sollten. Sie müssen, möglichst mit beiden Füßen gleich gut, den Ball über kurze und mittellange Distanzen sicher verteilen und somit den Dreh- und Angelpunkt des Kombinationsspiels bilden. Die zentrale Rolle auf dem Platz erfordert ebenfalls einen explosiven Antritt, um sich nach einem Pass sofort in den freien Raum bewegen zu können und dort als Anspielstation bereit zu stehen. Eine gut trainierte Antrittsschnelligkeit ist auch nach einem missglückten Pass von Vorteil, da der Spieler sofort ins Gegenpressing übergehen kann oder sich alternativ in die Defensive zurückfallen lässt.

Diese Anforderungen müssen nun in Trainingsübungen möglichst erfolgreich umgesetzt werden. Es gilt die konditionellen Komponenten, wie Antrittsschnelligkeit und fußballspezifische Ausdauer, erfolgreich mit den technischen Anforderungen des Passspiels im Zentrum zu kombinieren. Kleinfeldspiele sind für diese Kombination hervorragend geeignet. Unsere Übung „Kontrolliertes Passspiel auf engem Raum“ ist dabei ein sehr guter Einstieg. Die beiden Mittelfeldspieler im Kleinfeld arbeiten hier in Überzahl gegen einen Verteidiger an der Ballannahme und -verarbeitung.

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Anschließend kann diese Übung zum „3 gg 3 mit Wandspielern“ weiterentwickelt werden. Das Feld und die Anzahl der Spieler ist nun größer, wodurch die Komplexität gesteigert wird.

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Die Grundidee der vorherigen Übung bleibt allerdings erhalten – Die Mittelfeldspieler sollen lernen sich für die Ballannahme gut zu positionieren und anschließend den Angriff mitzugestalten. Die hohe Intensität im 3 gg 3 verbessert gleichzeitig auch die konditionellen Fähigkeiten der Spieler.

Euer Team von planet.training

Quellen:

[1] Tierney, P. J. et al (2016). Match play demands of 11 versus 11 professional football using Global Positioning System tracking: Variations across common playing formations.
[2] Bush, M. et al (2015). Evolution of match performance parameters for various playing positions in the English Premier League.
[3] Bradley, P. S. et al (2013). Match performance and physical capacity of players in the top three competitive standards of English professional soccer.
[4] Bradley, P. S. et al (2009). High-intensity running in English FA Premier League soccer matches.
[5] Bradley, P. S. et al (2010). High-Intensity Activity Profiles of Elite Soccer Players at Different Performance Levels.
[6] Di Salvo, V. et al (2007). Performance Characteristics According to Playing Position in Elite Soccer.
[7] Dellal, A. et al (2010). Physical and technical activity of soccer players in the French First League - with special reference to their playing position.
[8] https://www.premierleague.com/stats
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